"Comma Johanneum"     und "Vaterunser-Doxologie"

Stephanus 1550 1.Joh. 5,1-8
Stephanus 1550 1.Joh. 5,1-8

"Comma Johanneum"

Das „Comma Johanneum“ in 1.Joh. 5,7+8:

7. Denn DREI sind es, die Zeugnis ablegen im Himmel: der Vater, das Wort und der Hl. Geist; und diese DREI sind eins.

8. Und DREI sind es, die Zeugnis ablegen auf der Erde: der Geist und das Wasser und das Blut; und die DREI sind zu einem hin (=stimmen überein).

 

Der Zusatz gegenüber dem Standarttext erscheint in fetter Schrift. Es ist keine lange Diskussion über diesen Zusatz erforderlich. Es ist ein Einschub, der im 4. Jahrhundert entstanden ist und vom Textus Receptus übernommen wurde. Er bestätigt die göttliche Trinität, womit auch der Grund gegeben ist, warum er so bereitwillig übernommen worden ist. Die häßlichen Zänkeren über die Trinität (Dreifaltigkeit) sind wirklich kein Ruhmesblatt für die christliche Dogmatik. Bedeutende, frühe Handschriften bezeugen diese Auffüllung jedenfalls nicht und es ist auch kein Verlust, wenn sie fehlt. Spätere Dogmatik gehört nicht in die Bibel. Es ist ganz klar eine Wertung, die von mir vorgenommen wird, doch die nimmt in irgendeiner Weise jeder vor, der mit alten Texten umgeht. Man muss wissen, was man tut und es verantworten können.

Stephanus 1550 Vaterunser
Stephanus 1550 Vaterunser

Matthäus 6,13

Bedenkenswert ist dagegen die Doxologie im Vaterunser. Matthäus 6,13 lautet:

Und führe uns nicht in Versuchung hinein, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und der Ruhm in Ewigkeit. Amen.

 

Schon in einer Gemeindeordnung (Didache) aus dem Anfang des 2. Jahrhunderts ist der zweite Versteil von Vers 13 (fette Schrift) bezeugt. Diese Doxologie fehlt im Standarttext aber, weil ihn die frühen Handschriften nicht enthalten.

Auf diesen schönen Abschluss möchten wir nicht verzichten, indem wir ihn für eine spätere Hinzufügung erklären. Aber genauso werden sich frühe Christen verhalten haben. Wenn der Versteil ursprünglich an dieser Stelle gestanden hätte, hätte es niemand gewagt, ihn wegzulassen. Aber keine frühe Handschrift hat ihn. Deshalb wird ihn Jesus nicht gesprochen haben, sondern er ist in früher Zeit in einer Gemeinde formuliert worden.

Textpartien, die erst später den biblischen Texten angefügt worden sind, bezeichnet man oft als „Sekundärüberlieferung" und nimmt damit eine Wertung vor, die nicht in jedem Falle angemessen ist.

Persönlich hätte ich nicht wie die Herausgeber des griechischen Standarttextes gehandelt und den Vers gestrichen, sondern ihn belassen, weil er nicht dadurch die Wahrheit und Berechtigung seiner Aussage verliert, dass er später hinzugefügt wurde. Der Vers ist in meinen Augen noch genauso wertvoll wie vorher.